Von Florian Faust |
H.-U. Treichel; Foto: M. Wrobel

Am Freitag, 24.01.2020, erhielten die Schülerinnen  und Schüler sowie die Deutschlehrer der Jahrgangsstufe 1 in der dritten und vierten Stunde die Möglichkeit, eine Autorenlesung von Hans-Ulrich Treichel über seinen Roman „Der Verlorene“ zu hören. Bereits im Herbst hatten zwei fünfstündige Leistungskurse den Roman von Treichel gelesen und nach intensiver Beschäftigung mit der Lektüre konnten sie nun den Autor persönlich treffen.

Gegen Ende der ersten Pause füllte sich die Aula des Gymnasiums, wo schon Hans-Ulrich Treichel vorne an einem Tisch sitzend wartete. Er startete mit einer kurzen Zusammenfassung seiner Biografie. Danach erklärte er, dass er mehrere Teile aus seinem Roman lesen und anschließend kurz dazu etwas sagen würde.

Lesung

Hans-Ulrich Treichel begann mit den ersten Seiten seines Buches. Nachfolgend erkläre er, er hätte zwei Motive gehabt, so zu starten: Erstens wollte er den Lesern das „Schreckliche“ näher bringen, welches sich durch das ganze Buch zieht, aber von dem der Leser nicht richtig erfährt, was es genau bedeutet. Des Weiteren sollen die ersten Seiten bereits die starke Geschwisterkonkurrenz aufzeigen. Treichel erklärte außerdem, dass es selten eine planvolle, bewusste Konstruktion gäbe, nach der man sich beim Schreiben richte, sondern dass er zumindest aus dem Bauch schreibe. 

In der nächsten Textstelle ging es um den Wirtschaftsboom in den 1950 und 1960er Jahren, wo die fleißige Generation der Vertriebenen und Flüchtlinge versuchte, ihr Trauma zu verarbeiten.  Des Weiteren wurden die verschiedenen Methoden, eine mögliche Verwandtschaft zu Findelkindern herauszufinden, behandelt. Hierbei lässt sich der autobiographische Bezug wiederfinden, denn der Autor selbst hat eine Geschichte zu erzählen.

Autobiographischer Kern

Hans-Ulrich Treichel selbst hat dieses Buch geschrieben, da ihn seine nicht immer leichte Vergangenheit geprägt habe. Seine Eltern selbst waren auch Vertriebene aus dem Osten, die in Deutschland ihr Trauma abarbeiteten. Er hatte auch einen verlorenen gegangen Bruder, der in der Familie aber als tot galt. Dementsprechend wurde nicht viel darüber geredet und Hans Ulrich Treichel setzte sich mit dem Vorfall nicht auseinander. Auf die Frage, ob er ein gutes Verhältnis zu seinen Eltern gehabt habe, lachte er als Antwort und sagte, dass dies eine sehr persönliche Frage sei. Dennoch antwortete er: „Es war nie schlecht, aber da meine Eltern oft überfordert waren, hat nie eine richtige Kommunikation stattgefunden“. Nach dem Tod seiner Eltern fand er Unterlagen, durch welche er von der Suche nach einem Findelkind erfuhr. Diese Unterlagen waren für ihn der ausschlaggebende Grund das Buch zu schreiben. In der Folge nahm er die Suche auf und fand tatsächlich das mögliche Findelkind. Natürlich kontaktierte er es und schnell wurde ein Treffen vereinbart. Nach einem negativen DNA-Test gab er die Suche auf. Mit etwas trauriger, nachdenklicher Stimme sagte er: „Es gab kein Happy-End, weder im Buch noch in der Realität“.  Nach der missglückten Suche veröffentlichte er einen weiteren Roman, der von einer solchen Begegnung möglicher Verwandter handelt.

Nach einigen weiteren Inhalts- und Verständnisfragen der Schüler, die der Autor zufriedenstellend beantworten konnte, endete die Zeit auch schon und für die Schüler und Schülerinnen der Ellentalgymnasien ging es zurück in die Klassen zum regulären Unterricht.

von Stella Karapanagiotidis, J1